Büsum

Im Mittelalter lag von der Dithmarscher Nordermarsch getrennt durch den Wardstrom die Insel Büsum.  Diese bestand in ihrem Kern aus einem Vorsand, auf dem Dünen aufgewachsen waren. Daran schloss sich eine Seemarsch an. Die erste Besiedlung der Insel erfolgte im 12. Jahrhundert. Diese erstreckte sich nach Süden in die heutige Meldorfer Bucht. In der ältesten Urkunde um 1140 wird die Insel Bivsne ge­nannt, die als Abschrift einer durch Erzbischof Hart­wig I. be­glaubigten Urkunde von 1167 vorliegt.

Der Name Buisne deutet auf Binsen Insel hin, womit wohl das Dünengebiet im Kern der alten Insel gemeint ist. Hier existierte der Ort Midlestorpe, der ebenso wie die anderen in der Urkunde genannten Dörfer Zehntabgaben zu liefern hatte. Aus dieser Namensnennung wurde wiederholt auf einen noch südlicheren Ort geschlossen (Süderdorp), der sich aber nicht mehr nachweisen lässt. Zur Zeit der urkundlichen Ersterwähnung dürfte die Insel Büsum mit einem ringförmigen Deich umgeben worden sein, dessen Reste heute teilweise nur noch im Norden und Osten der Insel zwischen Büsum und Büsumer Deichhausen erhalten sind. 

Als 1281 die Ham­burger versuch­ten, den ständi­gen Über­f­ällen auf ihre Schif­fe Einhalt zu gebieten, schlo­ssen ver­schie­dene Dithmarscher Kirch­spiele, darun­ter auch Büsum, Ver­träge mit den Hanse­städten Ham­burg und L­übeck ab. Da die Streitig­keiten 1434 noch anhielten, verbrannten die Ham­bur­ger angeblich die Kirc­he von Midlestorpe, die in Bü­sum (Norddorp) 1442 wieder aufgebaut und dem Heiligen Clemens als Patron der Schiffer und Küstenbewohner geweiht wurde, wie der Büsumer Chronist Neocorus 1596 berichtet.

Baubeobachtungen der Arbeitsgruppe Küstenarchäologie lassen schließen, dass die heutige, bis NN +7,4 m hohe, etwa 580 m lange und bis 230 m breite aus Klei aufgehöhte Dorfwurt (Osterwarft) von Büsum und die nahe Westerwarft im 12. Jahrhundert in einem Dünengebiet entstanden. Ihrem Aufbau und ihrer Siedlungsstruktur gleicht Büsum den mittelalterlichen Wurten von Büsumer Deichhausen und Schülp in Dithmarschen. 

Infolge der Sturm­flu­ten des 14./15. Jahr­hun­derts ver­kleinerten sich im Süden die Kultur­land­flächen rasch, ohne dass dies im Einzel­nen übe­rliefert ist. Mid­deldorp dürfte 1482 noch bestanden haben, da nach Neoco­rus der Ort noch in dieser Zeit er­wäh­nt wird; jedoch schon das im Jahre 1496 be­gonnene old Belating Bock (Be­las­sungs­bu­ch) führt keine Bewohner Middel­dorps mehr auf. Die Bedrohung durch das Meer und die Notwendigkeit des Deichbaus und der Deichunterhaltung unterstreicht indirekt auch das Büsumer Deichrecht um 1455, das zu den ältesten Deichrechten Dithmarschens gehört und 1493 erneuert wurde.

Schon vor der Mitte des 15. Jahrhunderts bildete wohl der olde Dick, später als middelste Dick bezeichnet die nördliche Begrenzung der Insel. Das süd­west­liche Teilstück der dann um 1450 bestehenden nördlichen Inselbedeichung bildet der Schweinede­ich, der mög­lic­herweise auch Teil einer noch äl­teren Deichlinie ist, die etwa un­mit­telbar nördlich von Büsum über Deich­hausen bis Warwerort ver­lief. In seinem süd­westl­ichen Teil­stück war der Schweinedeich bis zum Jahre 1577 der nördliche See­deich der Insel, wobei der älteste der in einem Grabungsschnitt nachgewiesenen Deiche eine Breite von 10 m aufwies und eine Höhe von NN +3,20 m erreichte. Diesen Ausmaßen nach gehört der Kerndeich in das 15. Jahrhundert, somit in eine Zeit, in der 1452 im Norden der Insel mit dem Neu­en Koog (später Osterdeichstrich) eine Vordeichung gelang, die bis zum Wardstrom reichte. Dessen noch in Resten erhaltene Deich schließt an den Sch­weine­deich an und verläuft über Hirtenstall (Herde­stall) in östlicher Richtung auf den Kretjenkoog zu. Infolge dieser Eindeichung dürfte die alte Anlegestelle Büsums am Flaxwehl aufgegeben und nach Westen an das Groventief verlegt worden sein. Ein richtiger Hafen entstand hier wohl erst mit der Eindeichung des Grovenkooges 1577. 

Die schwere Sturmflut von 1573, die nach Neocorus up Büsum sonderlich gewötet hatte, und bei der das Wasser bis an die Büsumer Kirche reichte, be­ding­te dann eine kleine Aus­deichung im Süd­wes­ten der Insel. Auch die Aller­heiligenflut von 1570 richte­te schwere Schä­den an, so dass späte­stens danach die Siedlung Mid­deldorp auf­gege­ben werden musste. Der zurückgenommene Süddeich der Insel wurde 1573 erneut beschä­digt. Hingegen konnten man im Nordwesten der Insel das aufgewachsene Vorland zwischen 1575 bis 1577 mit dem Neuen Koog mit dem Gro­venkoog (Wester­deich­strich) bedeichen. Dessen Seedeich wurde im Westen zweimal vorver­legt, wobei seinen ursprünglichen Verlauf der zurück­springende Deich nördlich von Stüm­pel­hörn und westlich nach Norden durch Bruch­stellen und Deich­reste in der Ver­längerung bei Stinteck kenn­zeichnen.

Die wie­derhol­ten Scha­dens­fluten gaben schließlich den Anstoß zur Abdäm­mung des Ward­stroms. Nachdem Norderdithmarschen 1559 unter die Landesherrschaft der Schleswig-Gottorfer Herzöge kam, trachteten diese bald danach, Vorländer in abgabefähiges Koogsland umzuwandeln. Im Rahmen seiner Bedeichungspolitik ließ daher Herzog Johan Adolf den Wardstrom durch einen Damm abriegeln, mit dessen Bau am 8. Juni 1585 begonnen wurde. Trotz der Streitig­kei­ten zwi­schen den am Dammbau betei­ligten Dörfern von Büsum und Reinsbüttel wurde das Projekt am 30. Juni des gleich­en Jah­res fertig­gestellt. Die einsetzende Verlandung begünstigte 1599 die Errichtung des westlichen und östlichen Wardammkooges. Diese Neuland­gewin­nung, die im Jahre 1602 durch eine Sturm­flut beein­träch­tigt wurde, scheiterte zwar zunä­chst im West­teil im Jahre 1603, konnte aber 1609 voll­endet wer­den.

Auch nach der Fertigstellung bedrohten schwere Sturmfluten die Reste der Büsumer Marschen, führten aber kaum noch zu größeren dauerhaften Landverlusten. In der Weihnachtsflut 1717 wurde die gesamte Marsch Dithmarschens überflutet, und im Gebiet von Büsum ging der erstmals 1521 werüer-orth genannte Ort Werven (Warven) unter, so dass auch die Schleuse verlegt werden musste, an der 1739 der neue Warwerorter Hafen entstand.

Die Neueindeichungen im Norden Büsums sicherten zwar den Bestand der Insel, erforderten aber zugleich eine erneute Verlegung der Schiffsanlegestellen. Da der schon erwähnte Hafen am Groventief verschlickte, musste erneut ein Hafen gebaut werden. Zur Gewinnung eines neuen Hafenbeckens durchgrub man die Sanddüne des Büsumer Horstes und leitete den Außenpriel von der späteren Südschleuse zwischen Büsum Ort und dem Horst um. Da der Außenpriel auf Dauer nicht ausreichte, um die Hafeneinfahrt tief zu halten und auch die Entwässerung der Köge in den Wardstrom unzureichend blieb, beschlossen die drei Schleusencommunen 1738 bei Warwerort den Bau einer Seeschleuse. Der weiterführende Außenpriel verlief nun parallel zum Deich in Richtung Büsum und erreichte vor dem Horst die sog. Kuhle, das Büsumer Hafenbecken.

Zur weiteren verkehrstechnischen Verbesserung und Regelung der Binnenentwässerung wurde schließlich der Seedeich bis zum Horst verlegt und eine neue Schleuse gebaut. Der so 1854 fertiggestellte Hafen (Hafenbecken I) diente hauptsächlich dem Frachtverkehr mit Hamburg und Bremen, bevor dieser auf Initiative des 1898 gegründeten Fischereivereins durch den preußischen Staat weiter ausgebaut wurde. So entstand 1905 das Hafenbecken III. Nachdem eine weitere, 1914 begonnene Erweiterung 1916 eingestellt werden musste, ging man erst 1922-1926 wieder an einen Ausbau. Mit dem großzügigen Hafenausbau zwischen 1937 und 1941 wurde der Hafen mit dem neuen Hafenkoog dann nochmals erweitert, der zugleich eine neue Sturmflutschutzschleuse erhielt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmten weitere Änderungen der Fischereiwirtschaft, des Frachtverkehrs und der Werft die weitere Geschichte des Hafens.

Zur Geschichte der Bedeichung lohnt sich ein Besuch im Deichmuseum. Über die Fischerei informiert das Museum am Meer. 

Literatur:

Dirk Meier 1991: Ein Blick in die Geschichte Büsums. Baustellenbeobachtungen der Arbeitsgruppe Küstenarchäologie am Forschungs- und Technologiezentrum Westküste. Dithmarschen. Landeskunde - Kultur - Natur, Heft 4, 1993, 73-78.

Dirk Meier 2008: Ol Büsum liggt in wille Haff...Dithmarschen. Landeskunde – Kultur – Natur, Heft 2, 2008, 2-9.

Dirk Meier 2022: Die Nordseeküste. Ein historischer Atlas (Heide 2022) 88-89.