Eider-Treene-Sorge Region

Über die Landschaftsgeschichte der Eider-Treene-Sorge Region habe ich 2016 das umfangreiche, reich illustrierte Buch "Die Eider. Flusslandschaft und Geschichte" bei Boyens vorgelegt, das leider momentan vergriffen ist. Dieses beruht partiell auf unseren geowissenschaftlichen Forschungen in Eiderstedt und Norderdithmarschen. Es vermittelt ein fundiertes Grundlagenwissen über die Landschaftsentwicklung, Hydrographie und Geschichte dieser Region.

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Die Eider, dieser längste und geschichtsträchtige Wasserlauf des Landes zwischen Ostsee und Nordsee, ist Schleswig-Holsteins Schicksalsfluss. An den
Ufern der Eider ebenso wie an ihren Nebenflüssen Treene und Sorge dokumentiert die heutige Landschaft ein einzigartiges Kultur- und Naturerbe hoher Qualität. Kaum einem anderen Flusssystem hat aber auch der Mensch solche Gewalt angetan. Die Eider führt mit ihren Nebenflüssen das meiste Binnenwasser der Jütischen Halbinsel in die Nordsee ab.

Schon kurz nach ihrer Quelle ist die Eider verrohrt und teilweise umgeleitet. Durch den Bau von Eider-und Nord-Ostsee-Kanal verschwand ihr Oberlauf
weitgehend. Ihren Unterlauf zwängten Deiche ein und Abdämmungen bei Nordfeld und an ihrem Mündungstrichter in die Nordsee verhindern, dass sich die Tiden noch bis Rendsburg ausbreiten können. Die Treene war bereits 1570 abgedämmt und bei dem 1621 gegründeten Friedrichstadt in die Eider umgeleitet worden. Auch die Sorge erhielt zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein neues Bett. Weite Hochmoore des einstigen Niederungsgebietes zwischen Eider, Treene und Sorge verschwanden infolge menschlicher Kultivierung. Die Kanalbauten ebenso wie Deiche, Abdämmungen und Trockenlegungen von Seen veränderten die Hydrographie der Eider- und Treeneniederung nachhaltig. Pumpwerke erlaubten zwar eine intensivierte Entwässerung, begünstigten aber auch Bodenabsackungen. Gleichwohl gewährleistete die 1936 fertiggestellte Eiderabdämmung bei Nordfeld Schutz vor Sturmfluten, die immer wieder weit in das Landesinnere eingedrungen waren und nach Deichbrüchen zu katastrophalen Überschwemmungen geführt hatten.

Dies war vor allem eine Folge der menschlichen Eingriffe in den Naturraum, welcher dem Wasser die Entfaltungsmöglichkeit nahm. Mit dem 1973 fertiggestellten Eidersperrwerk, sollte ein Schlusspunkt zwischen Mensch und Naturgewalten gesetzt werden. Aber ist es so? Ständige Reparaturen am Sperrwerk und die Anpassung der Deiche an den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg infolge der auch von den Menschen maßgeblich verursachten Klimaerwärmung sind schon heute notwendig. Einstweilen mag beruhigen, dass das Sperrwerk seine Belastungsprobe während des Capella Orkans 1976 mit den höchsten gemessenen Wasserständen widerstand. Die dahinter liegenden niedrigen Deiche wären heute schweren Sturmfluten nicht mehr gewachsen, zumal Überflutungsräume fehlen. Bis heute ist die Entwässerung der Eider-Treene-Region nicht nachhaltig gelöst, immer noch gibt es nach Starkregen einen Binnenwasserstau.

Trotz aller anthropogenen Umgestaltungen erinnert die heutige Topographie mit ihrer Morphologie noch an die Entstehung dieses Naturraums. Noch in der ausgehenden letzten Kaltzeit prägte den Naturraum eine Tundra, in der jungpaläolithische Jäger Rentiere erlegten. Mit dem wärmeren Klima des Holozäns entstanden Wälder und Moore. Jäger und Sammler des Mesolithikums nutzten die vielfältigen Ökotopzonen entlang der Geestränder und in den gewässerreichen Niederungen. Im Zuge des holozänen Meeresspiegelanstieges erreichte die Nordsee den Bereich der Eidermündung und formte die Küsten. Niedermoore wuchsen zu Hochmooren auf. Mit dem Neolithikum erfolgten zur Anlage von Siedlungen und Wirtschaftsflächen erste partielle Eingriffe der sesshaften Menschen in den Wald, mit der Bronzezeit intensivierten sich erstmals die Güteraustauschbeziehungen. Nachdem entlang der Eidermündung Seemarschen aufgelandet waren, nutzten diese die Menschen zunächst nur als Weideflächen der Geestrandsiedlungen, bevor sie hier selbst siedelten. 

Seit dem Hochmittelalter bauten die Menschen Deiche, entwässerten die Marschen und vermoorten Gebiete. Weitere landschaftliche Umgestaltungen erfolgten durch die Abdämmung der Treene 1570, die Umleitung der Sorge sowie die Trockenlegung von Moorseen und der Heidekultivierung auf den Geestkernen seit der frühen Neuzeit. So entstand eine einzigartige Kulturlandschaft im Gebiet von Eider, Treene und Sorge.